Serbien
Serbiens Wirtschaft nahm 2016 an Fahrt auf
Durch die Jugoslawienkriege in den 1990er und die dadurch verbundenen UNO-Sanktionen wurde das Land in seiner Entwicklung stark gehemmt. Noch immer sind die Spuren der Zerstörung durch das NATO-Bombardement während des Kosovokrieges von 1998/99 nicht überall beseitigt. Seit dem Zusammenbruch des Milošević-Regimes streben die Regierungen Serbiens jedoch an, eine westlich orientierte Wirtschaft zu etablieren. Seit dem Jahr 2000 verzeichnete Serbien große Erfolge bei der makroökonomischen Stabilisierung und bei Strukturreformen, etwa im Finanz- oder Energiesektor. In vielen Bereichen wurden staatliche Unternehmen in den letzten Jahren privatisiert.
Von 2000 bis einschließlich 2008 war die von Krieg und Embargo gezeichnete Wirtschaft Serbiens, vor allem wegen erhöhter ausländischer Investitionen, mit einer jährlichen Wachstumsrate von über fünf Prozent eine der am schnellsten wachsenden in Europa. Die geostrategische Lage Serbiens auf dem Balkan mit Grenzen zu acht Nachbarstaaten sowie dem Schnittpunkt der Paneuropäischen Verkehrskorridore 10 und führt mit den steuerlichen Entlastungen, welche in den letzten Jahren eingeführt wurden, zusammen mit einer klaren europäischen Perspektive dazu, dass ausländische Firmen ihre Präsenz in Serbien ausbauten.
In vielen Bereichen wurden staatliche Unternehmen in den letzten Jahren privatisiert, wie z. B. im Pharmazie-, Energie-, Nahrungsmittel-, Chemie- und Finanzsektor. Von 2001 bis 2009 wurden 12,2 Milliarden Euro direkt in Serbien investiert, was dazu führte, dass 2010 rund 800 Unternehmen mit ausländischer Beteiligung in Serbien registriert waren. Trotzdem spielt der Staat als Wirtschaftsfaktor immer noch eine Rolle. Die serbische Fluggesellschaft Air Serbia (ehemals Jat Airways), die serbischen Eisenbahnen Železnice Srbije und der Energieversorger EPS sind nach wie vor staatlich. Von der noch mehrheitlich in seinem Besitz befindlichen Telekom Srbija will der serbische Staat einen größeren Anteil verkaufen. 2009 war die Telekom mit einem Gewinn von 15,5 Milliarden Dinar das erfolgreichste und die Eisenbahn mit einem Minus von 6,2 Milliarden Dinar das verlustreichste öffentliche Unternehmen.
In einem Mitte September 2005 veröffentlichten Bericht der Weltbank wurde Serbien als führendes Reformland im Bereich der Entwicklungsförderung von Unternehmen und Schaffung von Arbeitsplätzen bezeichnet. 2008 bezeichneten zwei Studien Serbien als aussichtsreichen Investitionsstandort. Laut PricewaterhouseCoopers sind die Verringerung des politischen Risikos, die niedrigen Geschäftskosten, der Anstieg des Bruttosozialprodukts pro Einwohner, die Nähe zum europäischen Markt und die niedrige Rate der Unternehmensgewinnsteuer von zehn Prozent, die entscheidenden Gründe hierfür. Es werden auch die positiven Auswirkungen der Annäherung an die EU, welche die Verringerung des Investitionsrisikos mit sich brachte, erwähnt.
Aufgrund strenger Auflagen der serbischen Nationalbank und mangelnder Attraktivität für spekulative Investoren ist Serbien einer der höchst kapitalisierten und stabilsten Bankenmärkte. Dies hat auch dazu beigetragen, dass der Rückgang der Wirtschaftsleistung in Serbien im Krisenjahr 2009 geringer als in der gesamten Region Südosteuropa (−5,4 %) ausfiel. Seit dem Jahr 2008 hat sich die wirtschaftliche Situation des Landes dennoch erheblich verschlechtert. Im Jahr 2009 ist die Wirtschaftsleistung um 3,1 % eingebrochen. Ursachen für diese Entwicklung waren der Rückgang der Konsumnachfrage, Kreditvergabe und ausländischer Direktinvestitionen. Für Entlastung sorgte ein Stand-by-Kredit, des IWF, in Höhe von drei Milliarden Euro, welcher an Kürzungen bei den öffentlichen Ausgaben gebunden war. Weitere Auswirkungen des Krisenjahres 2009 waren der Anstieg der absoluten Armut um 1,4 Prozentpunkte auf 8,8 %, sowie der Arbeitslosigkeit um 2 Prozentpunkte auf 19,4 % im Jahr 2010.
Im darauffolgenden Jahr 2010 hat sich wie Wirtschaft mit einem Wachstum von ca. 1,8 % wieder leicht erholt.
Die KfW-Entwicklungsbank schätzte für 2009 den Anteil der Schattenwirtschaft auf 30 bis 50 Prozent des BIP. Der Beitrag des Privatsektors zur Wirtschaftsleistung war 2010 mit etwa 55 Prozent relativ gering. Der Anteil am BIP des industriellen Sektors, einschließlich Bergbau, Strom-, Gas-, und Wasserwirtschaft, lag 2010 bei rund 21,9 %, die Landwirtschaft bei 12,6 % und der Dienstleistungssektor bei rund 65,5 %. Dabei beschäftigte der industrielle Sektor 2009 20,5 %, der landwirtschaftliche 23,9 % und der Dienstleistungssektor 55,6 % der erwerbsfähigen Bevölkerung.
2010 waren 2,95 Millionen Menschen in Serbien im erwerbsfähigen Alter. Der durchschnittliche Nettolohn lag 2009 bei umgerechnet 335 Euro im Monat. Die Inflation lag 2010 bei ca. 6,2 %. Der Anteil der Bevölkerung der unter der relativen Armutsgrenze, die mit 60 % des Medianeinkommens definiert ist, lebte lag 2008 bei 13,2 % und somit 3,3 Prozentpunkte unter dem EU-Durchschnitt von 16,5 %. Der Anteil derer unter der absoluten Armutsgrenze, die bei einem monatlichen Einkommen von 80 € liegt, belief sich 2008 auf 7,9 %.
Import/Export
Hauptexportprodukte von Serbien sind Eisen, Stahl, Textilien, Gummiprodukte, Weizen, Obst, Gemüse und Nichteisen-Metalle. Hauptimporte sind Öl und Ölderivate, Kraftfahrzeuge, Gas, Elektrogeräte und Industriemaschinen. Importiert wird am meisten aus Russland gefolgt von Deutschland, Italien, China und Frankreich. Exportiert wird an erster Stelle nach Bosnien und Herzegowina, nach Deutschland, Montenegro, Italien und Rumänien. Deutschland ist 2010, mit einem Exportvolumen von 1,2 Milliarden Euro und einem Importvolumen von knapp 600 Millionen Euro, der wichtigste serbische Wirtschaftspartner, vor Russland und Italien. 2009 sind 53,6 % der serbischen Exporte, ca. 3,2 Mrd. von 5,96 Mrd. €, in die EU und 55 % der Importe Serbiens, ca. 6,1 Mrd. von 11,16 Mrd. €, aus der Union gekommen.
Wirtschaftskooperationen
Serbien ist Mitglied der Schwarzmeer-Wirtschaftskooperation und des Mitteleuropäischen Freihandelsabkommen (CEFTA). Zudem gibt es ein Abkommen der besonderen Beziehungen mit der Republika Srpska.
Serbien ist das einzige europäische Land, außerhalb der GUS, welches ein Freihandelsabkommen mit Russland besitzt. Das im August 2000 abgeschlossene Freihandelsabkommen zwischen Russland und der Bundesrepublik Jugoslawien, das für Serbien als Rechtsnachfolger weiter gilt, hat den bilateralen Handel für rund 95 % der Güter liberalisiert. Im April 2009 wurde in Belgrad ein Zusatzprotokoll unterschrieben welches die enthaltene Liste von Gütern, die vom zollfreien Warenverkehr ausgenommen sind, verringert. Nach wie vor ausgenommen sind Kraftfahrzeuge, Haushaltsgeräte, Möbel aus Holz, Fußbodenbeläge, Seife, alkoholische Getränke, Konditoreierzeugnisse, Zucker und Hühnerfleisch.
Am 7. Dezember 2009 wurde von der EU ein Wirtschaftsabkommen mit Serbien freigegeben, welches bislang von den Niederlanden verhindert wurde.
Gegenwärtig sind mehrere weitere Freihandelsabkommen mit den Staaten Kasachstan, Weißrussland und der Türkei, sowie der Europäischen Freihandelsassoziation (EFTA), in Kraft. Damit stehen der serbischen Wirtschaft Märkte, zu weitgehend liberalisierten Bedingungen, mit insgesamt etwa 800 Mio. Einwohnern offen.
Bei dem Freihandelsabkommen mit der Türkei handelt es sich um ein asymmetrisches Abkommen zum Vorteil der serbischen Seite, nach welchem, seit 2010, serbische Produkte zollfrei in die Türkei ausgeführt werden können, während der Zoll für türkische Waren aus den Bereichen Landwirtschaft, Textil, Schwarz- und Buntmetall stufenweise bis 2015 abgebaut wird.
Mitte Dezember 2008 unterzeichneten der damalige Präsident Serbiens, Boris Tadić, und Günther Oettinger, Ministerpräsident des Landes Baden-Württemberg, in Stuttgart, eine Kooperationserklärung. Es wurde somit eine gemeinsame Kommission gebildet, um die Zusammenarbeit in den Bereichen Wirtschaft, Verkehr, Infrastruktur, Wissenschaft, Bildung, Kultur, Polizei und kommunale Organe zu fördern.
Devisenreserven
Devisenreserven der Zentralbank Serbien bei 10,1 Mrd. EUR im Januar 2016.
Die Auslandsverschuldung Serbiens stieg innerhalb von 10 Jahren um das Doppelte auf ca. 23 Mrd. € im Jahr 2010. Die Gesamtverschuldung beträgt 75 % des Bruttosozialprodukts. Die Devisenreserven betrugen Ende Oktober 2008 10,051 Mrd. €.
Ein Großteil der seit Jahrzehnten nach Serbien fließenden Devisen stammt von den im Ausland lebenden Serben, das sind u. a. Einnahmen durch die Tourismusbranche, Klein-, vereinzelt Großinvestitionen im eigenen Land in verschiedene Projekte oder als Unterstützung für ihre Familien. Diese betrugen 2009 ca. 5,5 Mrd. Dollar
Absicherungs- und Refinanzierungsmöglichkeiten
Gemäss dem Länderrating, welche durch die OECD veröffentlicht wird, sind Absicherungs- und Refinanzierungsmöglichkeiten gegeben.